Jungfrau, Huren und Linienbusse
Bereits als Teenager,
hatte ich meine Vorstellung der jungfräuliche Hure, die eine pure Reinheit und
Erhabenheit ausstrahlte, dasjenige was auch als Königin bezeichnet wird aber
genauso gut mit Begriffe wie Magd, Prinzessin oder Priesterin ausgedrückt
werden kann: es steht für deine Würde, eine innerliche Größe und als Schutzmantel auch für die Unnahbarkeit
für das Primitive. Die Königin kann nicht wesentlich besudelt werden; sie ist
erhaben; weil sauber und vollkommen in sich selbst.
Die Hure, da entgegen,
ist eher problematisch. Sie ist nicht die Seite die Unbedingt für Lust steht,
oder für billige Sex – weil gekauft und nicht aus liebe geschenkt. Auch die
Hure hat eine – in meiner Sicht – höheren Stand, und ist innerlich in ihrer archetypischer
Gestallt nicht wenige erhaben. In unsere Kultur allerdings, muss die Hure
schlecht sein: logisch, denn wenn Männer deren Gelüste auf sie ausleben, wird
deren Schuld, die Untreue und die primitive Widerlichkeit – die mancher in sich
selbst findet (wirklich oder durch religiöser Zwangsgedanken) – auf die Hure
projiziert. Ja, so ist die Hure Leinwand, wo wir nicht sie sehen, nicht die
Person, sondern unsere Vorstellungen. Die Hure trägt eine Maske, und diese
Maske heißt Objektivierung.
Es geht auch anders. Die
Hure kann auch für etwas stehen, was nicht kontra Unschuld steht – als
Gegenteil - sondern eher dynamisch als Gleichgewicht zur Königin aufgefasst
werden kann. Dies geht allerdings nur wenn wir verstehen, dass die Prostitution
nicht immer mit eine negative Haltung gegenüber Sex verbunden war. In der
Antike war die Prostitution – wenn nicht schon immer, dann trotzdem sehr häufig
- im sakralen Bereich angesiedelt, nämlich im Tempeldienst.
In viele Gegenden
befanden sich Tempel wo Huren zu ehren der Götter sich freiwillig für eine Zeit
deren Körper aufopferten, die Einnahmen wurden (teilweise) in der Tempelkasse
verschwinden und zur kultische Zwecke verwendet. Je nach örtlicher Gottheit,
waren die Huren Männer oder Frauen. Deren dienst war dann auch nicht an der Sichtweise
der Heterosexualität verknöpft; die Frauen standen für sowohl Männer als Frauen
zur Verfügung, die Männer auch. Wer doch lieber eine Frau hatte dort wo es nur
männliche Huren gab, der ging einfach zum nächsten Dorf; (ja: so wurden die
Linienbusse erfunden!)
Die Hure steht in dieser
Sicht stellvertretend für das Sakrale in der Sexualhandlung zwischen Menschen;
für die warme, intime und geile Seite der Sexualität, wo aus Liebe zur Lust,
die Lust gefeiert wird in einem Umfeld, wo es keine Tabus gab, denn es war teil
der Dienst an den Göttern. Im Rausch der Gefühle wird der Rauheit vom Alltag
vergessen und die Verschmelzung mit dem Partner gefeiert.
Nun, als Sadist bin ich
nicht gerade ein Romantiker, wenigstens nicht unbedingt in meiner Sexualpraxis –
stimmt nicht ganz, aber meine Romantik ist eher kontemplativer Art, so wie die
Idee der Reinheit der Königin. Deshalb will ich die Tempelprostitution nicht
schön reden. Auch die kultische Hure war nicht nur den Göttern gewidmet, es
sind bestimmt auch Sklaven gewesen die wegen des Geldes ausgenutzt wurden,
unter der Decke der Religion. Nach der Art der Menschen werden Frauen, Mädchen
und Schandknaben ausgenutzt und missbraucht sein. Hurerei war damals und ist es
heut noch unlösbar mit Benutzung und Abhängigkeit verbunden. Diese Seite ist
nicht edel, aber verführerisch und sie wird in unserem Denken häufig mit der
Lust gekoppelt; somit wird die Lust verdunkelt.
Die Hure steht, sicherlich
im Denken der Hurenläufer, für die Frau die es von Lust nicht aushalten kann
und es immer härter, tiefer und brutaler braucht. Die männliche aggressive –
weil Testosteron getriebene – Sexualität wird umgekehrt auf die Nutte
gespiegelt; sie will genau dies; Stärke, Kraft, Wärme, Dominanz und Virilität;
sie will genommen werden und wenn sie Lustgefühle dabei empfindet – real oder
vorgetäuscht - bestätigt sie den Mann in seine Maskulinität. Wenn sie sich in
der Verlorenheit ihrer eigenen Gefühle sexuell hingibt, wird sie zu dass, was
empfängt; ihr Schoss empfängt die Schwänze, Fäuste und Säfte; sie ist Fruchtbar
und schenkt leben und Freude, wie die Erde Regen aufnimmt, Feuer und Wetter
verträgt aber jedes Jahr wieder Frucht des Freudenweins gibt (Muttererde ist
auch Multi-Orgasmisch!)
Nicht umsonst waren die kultische
Sexgötter sehr oft agrarisch oder mit dem Wechsel der Jahreszeiten verbunden
und Fruchtbarkeit, Erde, Sonne und Mond
gewidmet; Demeter, Bachus, Diana, Astarte. Hier liegt auch die Verbindung mit
der Hexerei. (Ich werde es Euch sparen, diesbezüglich auszuweihen.)
Für mich als Teenager,
war die Hure, dass was ich haben wollte,
herrliche ungezügelte Hingabe, aber ich wollte auch die Jungfrau, die Keusche, lieblich
zärtliche Blüte, die nur für mich war, und wenn sie unerreichbar war, desto
herrlicher wurde sie, da sie sich – in meiner Vorstellung – ihrer Lüste die ich
in sie erregte nicht vertragen konnte, außer dann in der Heiligen Bund der
Einswerdung für Immer. Du Hure war ja verdorben und sie begehrte ich und dürfte
ich unbegrenzt zu meinen Vergnügen nehmen, die Jungfrau, sie dürfte ich lieben,
die reine romantische Liebe.
Der Lebensweg der Männer –
und so auch meiner - ist es, die zwei Seiten in sich zu vereinen und zum
Heiligen Liebhaber zu werden; Liebhaber die noch Jungend, noch Reife bevorzugen,
Liebhaber die noch Schlankheit, noch Fülle bevorzugen, aber die nur die Frau
oder Mann oder Trans lieben wollen, egal wie sie sich geben. Aber auch ist der
Heilige Liebhaber nicht in Zugzwang; er muss nicht jeder lieben, aber er darf.
So ist es auch zu
verstehe, dass ein Dom und Sadisten noch mehr, sehr tiefe Gefühle für Devoten entwickeln
können. Herren verlieben sich in Sklavinnen und Subs. Nicht immer, aber oft.
Leider ist in der Szene
vor allem Lust die Motivation. Ein Leistungsdenken nach dem Porno-Evangelium, oder die Suche nach dem
Wahren, laut Doktrin der Monogamie. Wer es sich antun möchte …
Die Suche nach Ergänzung
ist es was uns treibt. Wir lieben dass was uns vertraut ist, denn wer so ist
wie wir, ist nicht bedrohend. Wir lieben, dass was fremd ist und uns reizt es
besitzen und lieben zu wollen; wir wollen uns teilen; nehmen und angenommen
werden. Darum tut lieben weh, denn unsere Herzen sind nicht immer weiße ….
Wir sollten aber auch
nicht verkrampfen; wachse, lerne und lebe; kenne dich selbst, stehe zu deiner
Hang nach Liebe und Anerkennung, und nach deiner Hang zu prügeln oder dich zu
fügen, wir müssen alle ganz Tapfer sein, dann wird nicht alles gut, aber wohl
viel angenehmer.
Höre auf Eure Herzen,
folge den Weg.
Sir Cameron -
magister perennis mysticum incantatio