Samstag, 9. März 2013

Was BDSM manchmal so kompliziert macht ….


„Schwache, starke Frauen: Lasst die Sau raus!“ So lautet eine Kolumne von Sibylle Berg auf Spiegel.de. Es geht dann darum, dass die Frau sich nicht diplomatisch für ihre Anwesenheit auf Erde entschuldigen sollte, sondern mal auf dem Tisch haut. „Alles was Männer so unerträglich macht, könnt ihr auch! Also traut euch mal und seid nicht immer so niedlich.“

Als feministischer Sadist bin ich am Anfang immer ein wenig erschüttert wenn ich so etwas lese. Sicherlich sind alle Frauen die ich kenne, niedlich, diplomatisch und … devot?

Welch ein absoluter Quatsch! Zuerst, finde ich es regelrecht abstoßend, wenn unter feministische Flagge die Schuld für den ganzen Mist der Welt auf mich und meine männliche Mitbrüder gelegt wird. In Onkel Tom’s Sklavenhütte gab es ja nur Frauen. Die Mujaheddin unterziehen ja nur teenie Mädchen eine Gehirnwäsche und das Maskuline ist im Prinzip unterdrückend, ja gerade in den Maßen so unerträglich, dass die gut meinende Sibylle ihre Schwester aufruft die Sau heraus zu lassen, Testosteron zu spritzen und zu echte Macha’s zu werden!

Also werte Ladies; werdet zur Mann, wie es in der Bibel steht: „Nach dem Mann wird dein Begehren ausgehen.“

Also das neue Postmoderne Evangelium der Massenmedien!

Furchtbar oder? Die Frau ist kein Anti-Mann, sondern jede Frau ist sich selbt. Genau wie  nicht alle Männer Christian Gray sind, niemals High Heels tragen oder Viagra brauchen.

Die ganze Diskussion ist ungenau, geht von unklaren Prämissen aus und dient eine Agenda, die nicht unbedingt die Sache dient.

Allerdings, und dass wäre mein zweites Thema, es ist nicht auszuschließen, dass Frau Berg einen Scherz macht, ja es ist sogar wahrscheinlich. Dies macht aber das obenstehende nicht überflüssig, denn antithetisch wurde sie bestätigen, dass dieses karikaturhaftes Bild der Frau immer noch vorherrscht. Und dass, gerade, wirkt sich auch im Bereich BDSM aus.

Sicherlich sind wir anno 2013 in der Situation, dass dominante Menschen auch lieb und zärtlich sind oder das devote Menschen mal frech und selbstbewusst sind, zum Glück, denn wer wurde sonst spielen wollen? Dennoch ist viel Frust da, denn die meisten von uns kommen zu der Szene wenn wir bereits etwas älter sind; wir schleppen unseren Ballast mit uns herum, haben an Fitness und Attraktivität eingebüsst und kompensieren dies, dadurch, dass wir in uns selbst, als relativ gefestigter Mensch, festhalten. Was sonst?

Jüngere Menschen, sind da vielleicht etwas lockerer; spielerisch und neugierig. Auch deshalb ein weniger Fest in Gender-Rolle, Neigung oder Vorlieben. Da sie mögen was ich mag - und durchaus in der Lage sind auf sich selbst auf zu passen - freue ich mich darüber, dass sie Teil unserer Community sind; denn wie echte Sex-Vampire brauchen wir frisches Blut!

Nun, jetzt wird’s kompliziert …

Wenn ich im Titel, kompliziert sage, meine ich das nicht unbedingt negativ, auch tolle Sachen zu realisieren ist häufig komplex, selbst wenn alle Beteiligten es umsetzen wollen. Dieses Blog ist ein Versuch der Entwirrung, nicht so sehr um es alles klar und transparent zu machen, sondern durch Analyse die Leser sensibel zu machen dafür, dass BDSM vor allem ein Sammelbegriff ist und keine ausgemachte Sache.

Es mag sein, dass ich BDSM ein wenig zu aktivistisch sehe; aber Kink ist eben ein Subkultur, nicht Mainstream und ich sehe es auch nicht schnell so werden und ich selber bin von der Sorte, die nicht gerne verheimlicht oder ein Doppelleben führt. Wir spielen. Ganz privat, in Clubs und Dungeons, auf Parkplätze oder im Freien. Und manche Spiele werden generell von viele Menschen als spannend betrachtet, andere Spielen werden kaum ertragen und nur toleriert wenn es ganz privat geschieht. Mein Herz schlägt für Offenheit und Akzeptanz, deshalb schreibe ich.

Regelmäßig begegne ich Auffassungen wie; die Domino tut ja auch nur was Mr. Subbie will und hat keine wirkliche Macht über ihn; oder: eine echte 24/7 Beziehung kann es ja gar nicht geben; oder: Verheiratete Männer die mit anderen Spielen wollen, sollten erst mal zuhause klar Schiff machen.

Gut, diese Meinungen sind vielleicht nicht so Mainstream als das Bild der Frau, wogegen sich die Kolumne auf Spiegel.de sich kehrt, aber stereotype Vorurteile sind es dennoch. Selbstverständlich ist jeder Leser berechtigt ihre Vorurteile zu haben; wir haben sie alle. Nur wenn es um Toleranz geht – und das ist nun wirklich eine Eigenschaft die für eine schräge BDSM Szene von Bedeutung ist, damit es ‚saumäßig gut’ werden kann – dann sind wir allen aufgefordert: denn Toleranz und Hinterfragen der eigene Vorurteile ist nicht etwas, dass wir nur von den Anderen erwarten dürfen. Da sind auch du und ich gefragt.

Berg auf, also …

Sir Cameron

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