„Schwache, starke Frauen:
Lasst die Sau raus!“ So lautet eine Kolumne von Sibylle Berg auf Spiegel.de. Es
geht dann darum, dass die Frau sich nicht diplomatisch für ihre Anwesenheit auf
Erde entschuldigen sollte, sondern mal auf dem Tisch haut. „Alles was Männer so
unerträglich macht, könnt ihr auch! Also traut euch mal und seid nicht immer so
niedlich.“
Als feministischer Sadist
bin ich am Anfang immer ein wenig erschüttert wenn ich so etwas lese.
Sicherlich sind alle Frauen die ich kenne, niedlich, diplomatisch und … devot?
Welch ein absoluter
Quatsch! Zuerst, finde ich es regelrecht abstoßend, wenn unter feministische
Flagge die Schuld für den ganzen Mist der Welt auf mich und meine männliche
Mitbrüder gelegt wird. In Onkel Tom’s Sklavenhütte gab es ja nur Frauen. Die
Mujaheddin unterziehen ja nur teenie Mädchen eine Gehirnwäsche und das
Maskuline ist im Prinzip unterdrückend, ja gerade in den Maßen so unerträglich, dass die
gut meinende Sibylle ihre Schwester aufruft die Sau heraus zu lassen,
Testosteron zu spritzen und zu echte Macha’s zu werden!
Also werte Ladies; werdet
zur Mann, wie es in der Bibel steht: „Nach dem Mann wird dein Begehren
ausgehen.“
Also das neue Postmoderne
Evangelium der Massenmedien!
Furchtbar oder? Die Frau
ist kein Anti-Mann, sondern jede Frau ist sich selbt. Genau wie nicht alle Männer Christian Gray sind,
niemals High Heels tragen oder Viagra brauchen.
Die ganze Diskussion ist
ungenau, geht von unklaren Prämissen aus und dient eine Agenda, die nicht
unbedingt die Sache dient.
Allerdings, und dass wäre
mein zweites Thema, es ist nicht auszuschließen, dass Frau Berg einen Scherz
macht, ja es ist sogar wahrscheinlich. Dies macht aber das obenstehende nicht überflüssig,
denn antithetisch wurde sie bestätigen, dass dieses karikaturhaftes Bild der
Frau immer noch vorherrscht. Und dass, gerade, wirkt sich auch im Bereich BDSM
aus.
Sicherlich sind wir anno
2013 in der Situation, dass dominante Menschen auch lieb und zärtlich sind oder
das devote Menschen mal frech und selbstbewusst sind, zum Glück, denn wer wurde
sonst spielen wollen? Dennoch ist viel Frust da, denn die meisten von uns
kommen zu der Szene wenn wir bereits etwas älter sind; wir schleppen unseren
Ballast mit uns herum, haben an Fitness und Attraktivität eingebüsst und
kompensieren dies, dadurch, dass wir in uns selbst, als relativ gefestigter
Mensch, festhalten. Was sonst?
Jüngere Menschen, sind da
vielleicht etwas lockerer; spielerisch und neugierig. Auch deshalb ein weniger
Fest in Gender-Rolle, Neigung oder Vorlieben. Da sie mögen was ich mag - und
durchaus in der Lage sind auf sich selbst auf zu passen - freue ich mich
darüber, dass sie Teil unserer Community sind; denn wie echte Sex-Vampire
brauchen wir frisches Blut!
Nun, jetzt wird’s
kompliziert …
Wenn ich im Titel,
kompliziert sage, meine ich das nicht unbedingt negativ, auch tolle Sachen zu
realisieren ist häufig komplex, selbst wenn alle Beteiligten es umsetzen
wollen. Dieses Blog ist ein Versuch der Entwirrung, nicht so sehr um es alles
klar und transparent zu machen, sondern durch Analyse die Leser sensibel zu
machen dafür, dass BDSM vor allem ein Sammelbegriff ist und keine ausgemachte
Sache.
Es mag sein, dass ich
BDSM ein wenig zu aktivistisch sehe; aber Kink ist eben ein Subkultur, nicht
Mainstream und ich sehe es auch nicht schnell so werden und ich selber bin von
der Sorte, die nicht gerne verheimlicht oder ein Doppelleben führt. Wir
spielen. Ganz privat, in Clubs und Dungeons, auf Parkplätze oder im Freien. Und
manche Spiele werden generell von viele Menschen als spannend betrachtet,
andere Spielen werden kaum ertragen und nur toleriert wenn es ganz privat
geschieht. Mein Herz schlägt für Offenheit und Akzeptanz, deshalb schreibe ich.
Regelmäßig begegne ich
Auffassungen wie; die Domino tut ja auch nur was Mr. Subbie will und hat keine
wirkliche Macht über ihn; oder: eine echte 24/7 Beziehung kann es ja gar nicht
geben; oder: Verheiratete Männer die mit anderen Spielen wollen, sollten erst
mal zuhause klar Schiff machen.
Gut, diese Meinungen sind
vielleicht nicht so Mainstream als das Bild der Frau, wogegen sich die Kolumne
auf Spiegel.de sich kehrt, aber stereotype Vorurteile sind es dennoch.
Selbstverständlich ist jeder Leser berechtigt ihre Vorurteile zu haben; wir
haben sie alle. Nur wenn es um Toleranz geht – und das ist nun wirklich eine
Eigenschaft die für eine schräge BDSM Szene von Bedeutung ist, damit es
‚saumäßig gut’ werden kann – dann sind wir allen aufgefordert: denn Toleranz
und Hinterfragen der eigene Vorurteile ist nicht etwas, dass wir nur von den
Anderen erwarten dürfen. Da sind auch du und ich gefragt.
Berg auf, also …
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